Ausbildung - auch in der Krise eine Investition gegen den Fachkräftemangel. Ergebnisse einer neuen BIBB-Kosten-Nutzen-Erhebung
Die eigene Ausbildung ist neben der Rekrutierung von Fachkräften über den externen Arbeitsmarkt die wichtigste Möglichkeit für Betriebe, ihren Fachkräftebedarf zu decken. Nach den Ergebnissen einer neuen repräsentativen Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zu Kosten und Nutzen der betrieblichen Ausbildung für das Ausbildungsjahr 2017/2018 sind die Nettokosten der Betriebe im Vergleich zur letzten Erhebung 2012/2013 nur leicht auf 6.478 Euro pro Auszubildende/-r und Jahr gestiegen. Die BIBB-Erhebung beschreibt somit die Ausgangslage vor der Corona-Pandemie.
Die Investitionen der Betriebe zahlen sich aber insbesondere bei Übernahme der Auszubildenden aus. Denn dann müssen die Betriebe nicht auf dem Arbeitsmarkt nach Fachkräften suchen, die meist noch über zusätzliche Weiterbildungs- und Einarbeitungsmaßnahmen integriert werden müssen. Dadurch werden Personalgewinnungskosten eingespart, Abhängigkeiten vom Arbeitsmarkt reduziert und mögliche Ausfallkosten durch Personalengpässe vermieden. Immer mehr Betriebe bilden daher Auszubildende mit der Absicht aus, alle oder zumindest einen Teil von ihnen auch zu übernehmen. 90 % der Betriebe bestätigten dies; in der früheren Untersuchung lag dieser Anteil bei 83 %.
„Auch wenn die Daten“, so BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser, „keine unmittelbaren Rückschlüsse auf das aktuelle Handeln der Betriebe in Corona-Zeiten zulassen, so zeigt die BIBB-Erhebung doch: Für einen Großteil der Betriebe lohnt sich die Ausbildung – entweder schon während der Ausbildung durch die produktiven Beiträge der Auszubildenden, durch die eingesparten Personalgewinnungskosten bei Übernahme oder durch weitere Nutzenfaktoren wie zum Beispiel die Vermeidung von Stellenvakanzen, eine hohe Identifikation mit dem Betrieb und eine lange Betriebszugehörigkeit. Weniger als zehn Prozent der Betriebe geben an, dass sie mit dem Verhältnis von Kosten und Nutzen ihrer Ausbildung unzufrieden sind. Vor dem Hintergrund des weiter anhaltenden Fachkräftebedarfs tun die Betriebe also gut daran, ihr Ausbildungsengagement aufrechtzuerhalten. Denn die Auszubildenden von heute sind die so dringend benötigten Fachkräfte von morgen. Alle Untersuchungen des BIBB zeigen, dass auch in Zukunft dual ausgebildete Fachkräfte gefragt sein werden.“
Im Ausbildungsjahr 2017/2018 entstanden den Betrieben im Durchschnitt pro Auszubildende/-r und Jahr Bruttokosten in Höhe von 20.855 Euro. Davon entfielen 12.806 Euro (61 %) auf die Personalkosten der Auszubildenden und 4.935 Euro (24 %) auf die des Ausbildungspersonals. Anlage- und Sachkosten schlugen mit 767 Euro (4 %) und sonstige Kosten mit 2.348 Euro (11 %) zu Buche. Zu Letzteren gehören zum Beispiel Kammergebühren oder Kosten für externe Lehrgänge und die Ausbildungsverwaltung.
Zieht man von den Bruttokosten die Erträge der Auszubildenden in Höhe von durchschnittlich 14.377 Euro pro Jahr ab, die sie bereits während ihrer Ausbildung für den Betrieb erwirtschaften, so ergeben sich für das Ausbildungsjahr 2017/2018 für die Betriebe durchschnittliche Nettokosten von 6.478 Euro pro Jahr und Auszubildende/-r. Bei etwa 28 % der Auszubildenden überstiegen die Erträge die Bruttokosten, das heißt, sie erwirtschafteten Nettoerträge für ihre Ausbildungsbetriebe.
Zwischen den Ausbildungsbereichen zeigen sich erhebliche Unterschiede. Die höchsten Nettokosten fielen im Öffentlichen Dienst (10.870 Euro) sowie in Industrie und Handel (7.039 Euro) an. Im Handwerk (5.578 Euro), den Freien Berufen (4.700 Euro) und der Landwirtschaft (3.898 Euro) waren sie deutlich niedriger. Auch die Bruttokosten lagen im Öffentlichen Dienst (25.045 Euro) sowie in Industrie und Handel (22.217 Euro) am höchsten, im Handwerk mit 17.992 Euro am niedrigsten.
Für die Rekrutierung einer neuen Fachkraft über den externen Arbeitsmarkt wendete ein Betrieb durchschnittlich 10.454 Euro auf. Für Ausbildungsbetriebe waren diese Personalgewinnungskosten mit 9.732 Euro etwas niedriger als für Betriebe, die nicht ausbilden, mit 10.633 Euro. Die BIBB-Erhebung zeigt zudem, dass sich die Verfügbarkeit von Fachkräften auf dem regionalen Arbeitsmarkt für die Betriebe in den letzten Jahren verschlechtert hat – dies gilt insbesondere für kleinere Betriebe. Die Gewinnung von Fachkräften wird für die Betriebe also zunehmend schwieriger. Sie reagierten darauf mit einem stärkeren Interesse an der Übernahme von im eigenen Betrieb Ausgebildeten. Insgesamt lässt sich feststellen, dass trotz leicht gestiegener Ausbildungskosten starke Anreize bestehen, den Fachkräftebedarf durch die eigene Ausbildung zu decken.
Die Ergebnisse sind im BIBB REPORT, Heft 1/2020: „Ausbildung in Deutschland – eine Investition gegen den Fachkräftemangel. Ergebnisse der BIBB-Kosten-Nutzen-Erhebung 2017/2018“ veröffentlicht. Insgesamt wurden 3.049 ausbildende und 996 nicht ausbildende Betriebe von September 2018 bis Juli 2019 befragt. Die Veröffentlichung kann kostenlos heruntergeladen werden unter www.bibb.de/bibbreport
Ansprechpartner im BIBB:
Gudrun Schönfeld, E-Mail: schoenfeld@bibb.de
Dr. Felix Wenzelmann, E-Mail: wenzelmann@bibb.de
Quelle: BIBB, 9. Juni 2020