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WZB: Mehr Beschäftigte, weniger Auszubildende. Duale Ausbildung in den größten börsennotierten Unternehmen rückläufig

Während die Zahl der Beschäftigten in vielen Konzernen neue Rekorde erzielt, verliert die duale Ausbildung in den größten börsennotierten Unternehmen an Bedeutung. Im Jahr 2017 bildeten diese Unternehmen ein Viertel weniger junge Menschen aus als noch 2013. Das zeigt eine Analyse von Robert Scholz vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Gründe für diese Entwicklung sind der Trend von der dualen Ausbildung hin zum dualen Studium, die Internationalisierung der Ausbildung sowie branchenspezifische Effekte.

Im Jahr 2017 hatten die 195 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland zusammen 6,2 Millionen Beschäftigte weltweit und ca. 125.000 duale Auszubildende in Deutschland. Bundesweit gab es in diesem Jahr etwa 1,3 Millionen Auszubildende.

Für 57 börsennotierte Unternehmen konnte die Entwicklung der Ausbildungsaktivitäten von 2007 bis 2017 untersucht werden. Bis 2013 blieb die Zahl der dual Auszubildenden in diesen Unternehmen mit jährlich 47.000 Auszubildenden stabil. Nach 2013 stellten die Unternehmen zwar insgesamt mehr Mitarbeiter ein, verringerten aber ihre Ausbildungsaktivitäten: Die Zahl der Auszubildenden sank von 2013 bis 2017 um etwa ein Viertel auf rund 35.000 Auszubildende (siehe Grafik). Rückläufig ist die duale Ausbildung vor allem im Energie- und Telekommunikationsbereich, bei Banken und Finanzdienstleistern sowie bei den Zulieferern für den Fahrzeugbau. Einen geringen Zuwachs verzeichnet dagegen der Medizin- und Gesundheitsbereich.

„Der deutliche Rückgang der Auszubildenden steht nicht nur im Gegensatz zur positiven Beschäftigungsentwicklung, sondern auch zum oft beklagten Fachkräftemangel“, sagt WZB-Forscher Robert Scholz.

Ein Grund für die rückläufige Entwicklung ist, dass ein Teil der bisher dualen Ausbildungsstellen durch duale Studienplätze ersetzt wird. „Wir beobachten eine verstärkte Tendenz von der Werkstatt ins Büro, wie wir sie für die Beschäftigung schon seit Jahrzehnten kennen“, sagt Scholz. Rechnet man die dual Auszubildenden und dual Studierenden zusammen, machen die Studierenden in den untersuchten Unternehmen bereits etwa ein Fünftel aller Auszubildenden aus – Tendenz steigend. Allerdings kompensieren die Studierenden nicht den Wegfall der Auszubildenden. Unterm Strich ist der Rückgang bei der Zahl der dual Auszubildenden in den Betrieben größer als die Zunahme der Stellen im dualen Studium.

Zudem findet ein erheblicher Teil der beruflichen Ausbildung inzwischen an ausländischen Standorten der Unternehmen statt. In Unternehmen, die nicht ausschließlich in Deutschland ausbilden, ist derzeit jeder vierte Auszubildende dauerhaft im Ausland tätig. Fast alle Unternehmen, die ausländische Produktions-, Vertriebs- oder Umschlagsstandorte unterhalten, haben seit 2007 ihre Ausbildungsaktivitäten im Ausland verstärkt.  

Weiterhin erklären branchenspezifische Entwicklungen den Rückgang bei der dualen Ausbildung. So ist beispielsweise der Banken- und Finanzdienstleistungssektor im Umbruch. In sieben exemplarisch ausgewählten Unternehmen hat sich die Zahl der Auszubildenden seit 2011 von 5.549 Personen auf 2.839 im Jahr 2017 fast halbiert. Hauptursachen sind Restrukturierungen in vielen Banken oder die Digitalisierung im direkten Kundengeschäft. Ähnlich wirkt sich die zunehmende Dezentralisierung im Energiesektor aus. Allein bei vier ausgewählten Unternehmen dieser Branche ging die Zahl der Auszubildenden von 7.339 (2008) auf 4.219 (2017) zurück.

Die Daten stammen aus dem Projekt Mitbestimmungsindex (MB-ix), das den Einfluss der Mitbestimmung auf eine nachhaltige Unternehmensführung untersucht

Über die Ergebnisse berichtet Robert Scholz in der aktuellen Ausgabe der WZB-Vierteljahreszeitschrift „WZB-Mitteilungen“.

Robert Scholz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Projektgruppe Globalisierung, Arbeit und Produktion

Quelle: WZB, 15. Januar 2019