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Solidarische und sozialinvestive Arbeitsmarktpolitik. Vorschläge des Arbeitskreises Arbeitsmarktpolitik (Böckler Stiftung)

Die Arbeitsmarktpolitik braucht eine Reform der Reformen. Sie sollte weniger gängeln und sich stärker an guter Arbeit und Teilhabe orientieren. Das wäre auch ein wirksamer Ansatz, um Fachkräfteengpässe zu vermeiden, so eine neue Analyse, die Prof. Dr. Matthias Knuth vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) koordiniert hat. Die Studie umfasst Vorschläge, darunter die Angleichung der Zumutbarkeitsregeln, damit Arbeitsmarktpolitik solidarisch und nachhaltig wird. Experten aus Wissenschaft, Verwaltung, Gewerkschaften und Verbänden haben sie entwickelt.

Am deutschen Arbeitsmarkt läuft scheinbar alles rund. Die Zahl der Erwerbstätigen hat zuletzt mit 44,5 Millionen einen neuen Rekord erreicht, die Arbeitslosenquote betrug Ende 2017 nur 5,3 Prozent. Es gibt aber auch Schattenseiten: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stagniert seit Jahren bei rund einer Million. Einige hunderttausend Menschen scheinen dauerhaft von Erwerbsarbeit ausgeschlossen.

Ein Grund ist das Sozialgesetzbuch (SGB) II. Seine Bestimmungen laufen darauf hinaus, Hartz-IV-Empfänger so schnell wie möglich in Arbeit zu vermitteln – ohne Rücksicht auf langfristige berufliche Ziele oder die Qualität der Jobs. „Das ist widersinnig und gefährlich, gerade wenn man den drohenden Fachkräftemangel in den Blick nimmt. Man muss die Potenziale von Arbeitslosen entwickeln, statt sie in prekäre Beschäftigung abzudrängen“, sagt Prof. Knuth. Deshalb empfehlen die Forscher, die allgemeinen Ziele des SGB III, wonach die Arbeitsförderung den Arbeitsmarkt insgesamt und die Qualität der Beschäftigung berücksichtigen soll, ins SGB II zu übernehmen.

Ihre Vorschläge: Damit auch Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld I erwerben können, die ungesichert beschäftigt sind und Lücken im Lebenslauf haben, sollten die Fristen entsprechend angepasst werden. Darüber hinaus sollten die Zumutbarkeitsregeln angeglichen werden, um der Lebensleistung von Hartz-IV-Empfängern mehr Ankerkennung zu zollen. Abgeschafft gehören die Zwangsverrentung sowie die Mindestlohnausnahme für Langzeitarbeitslose. Hingegen sollten Arbeitsuchende ein Recht haben, den Vermittlungsprozess aktiv mitzugestalten sowie eine Eingliederungsvereinbarung „auf Augenhöhe“ zu bekommen.

Bei Personen ab 25 Jahren sollten Weiterbildungen, die zu einem Berufsabschluss führen, der Vermittlung in Arbeit gleichgestellt und mit einem entsprechenden Geld gefördert werden. Zudem fehle bislang ein unabhängiges Beratungsangebot für berufliche Bildung. Dringend nötig ist aus Sicht der Autoren ein sozialer Arbeitsmarkt, der in erster Linie gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Um dabei die Chancen auf reguläre Jobs nicht zu verschlechtern, sei größtmögliche Ähnlichkeit zum allgemeinen Arbeitsmarkt wünschenswert.

Weitere Informationen:

Knuth, Matthias 2018:
Solidarische und sozialinvestive Arbeitsmarktpolitik. Vorschläge des Arbeitskreises Arbeitsmarktpolitik. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, Reihe Study ; 378. ISBN: 978-3-86593-284-6
https://www.boeckler.de/pdf/p_study_hbs_374.pdf

Für weitere Fragen steht Ihnen zur Verfügung:

Prof. Dr. Matthias Knuth

Quelle: IAQ, 17. Januar 2018