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Teilkrankschreibungen können betriebliche Fehlzeiten und Gesundheitskosten reduzieren

Bei Krankschreibungen gilt in Deutschland bislang die Alles-oder-Nichts-Regelung: Arbeitnehmer sind entweder arbeitsunfähig oder müssen die volle Arbeitsleistung erbringen. In der Realität sind krankgeschriebene Beschäftigte aber häufig willens und in der Lage, schrittweise und mit verringerter Stundenzahl in den Job zurückzukehren. Immer wieder wird daher das Modell der Teilkrankschreibungen diskutiert, das in Deutschland selten und nur auf freiwilliger Basis Anwendung findet.

Wie sich eine gesetzliche Verpflichtung zu Teilkrankschreibungen auf betriebliche Fehlzeiten und das Krankengeld auswirkt, untersucht eine aktuelle Studie von IZA-Fellow Øystein Hernæs (Institute for Social Research, Oslo) auf Basis einer in Norwegen durchgeführten Reform. Dort ist es seit 2004 gesetzlich vorgeschrieben, dass Krankgeschriebene so früh wie möglich, in der Regel nach spätestens acht Wochen, wieder teilweise in den Job zurückkehren.

Da die Reform jedoch in der Praxis nicht konsequent durchgesetzt wurde, entschied sich die Regierung der Region Hedmark, mit einer Reihe von Maßnahmen nachzuhelfen: Sachbearbeiter wurden geschult und Krankgeschriebene regelmäßig ermutigt, ihren Arbeitgeber wegen einer Rückkehr in Teilzeit zu kontaktieren. Zudem wurden Ärzte, Unternehmen und die Öffentlichkeit mit einer Informationskampagne aufgeklärt. Da diese Aktivierungsmaßnahmen regional begrenzt waren, konnte Hernæs die Effekte isoliert betrachten.

Schnellere vollständige Rückkehr in den Job

Die Ergebnisse zeigen deutlich die positiven Effekte des Programms: Betriebliche Fehlzeiten wurden um 12 Prozent verringert und das ausgezahlte Krankengeld reduziert. Die positiven Effekte stellten sich unabhängig von Geschlecht, Alter und Branche ein – nur nur im Baugewerbe fielen sie geringer aus. Am stärksten waren die positiven Arbeitszeiteffekte bei Arbeitnehmern mit Muskel-Skelett-Erkrankungen. Die positiven Effekte blieben jedoch nicht nur auf die in Teilzeit geleisteten Stunden beschränkt: Teilkrankgeschriebene Arbeitnehmer kehrten schneller wieder vollständig in den Job zurück.

Die Studienergebnisse zeigen somit die positiven Potenziale von Teilkrankschreibungen. In Deutschland besteht zwar mit dem sogenannten Hamburger Modell bereits jetzt die Möglichkeit, nach sechs Wochen Krankheit auf freiwilliger Basis wieder einige Stunden zur Arbeit zu gehen und in dieser Zeit weiterhin Krankengeld zu erhalten. Vorschläge zur Einführung einer gesetzlichen Grundlage zur Teilarbeitsunfähigkeit wurden jedoch bislang nicht weiter verfolgt.

Download der Studie (IZA DP No. 10991):

Activation against Absenteeism: Evidence from a Sickness Insurance Reform in Norway

Quelle: Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH (IZA), 20. Oktober 2017