Rentenarbeit im Betrieb. IAQ untersuchte Motive und Strategien
Über eine Million Menschen im Rentenalter sind heute berufstätig. Viele Betriebe setzen sie als zuverlässige Gelegenheitsarbeitskräfte ein. Sie bilden eine flexible Personalreserve mit oft guten Qualifikationen und langer Berufserfahrung. "Der Einsatz von Rentnerinnen und Rentnern kann so personalpolitisch Kosten sparen. Für Nachwuchsprobleme oder den Erhalt von Wissen im Betrieb ist das aber keine nachhaltige Lösung!" Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).
Die IAQ-Forscherinnen Jutta Schmitz und Lina Zink haben für das Projekt im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) Daten auf Basis des Mikrozensus 2011 ausgewertet und qualitative Fallstudien in fünf Betrieben durchgeführt. Wer im Ruhestand weiter arbeitet, ist meist überdurchschnittlich gut qualifiziert. Paradox ist: Trotz des hohen Bildungsniveaus übernehmen die Ruheständler oft einfache Jobs, Hilfstätigkeiten oder Aufgaben mit geringer Verantwortung. Soziale Kontakte, Freude an der Arbeit, geistige Fitness sind häufige Beweggründe, aber auch finanzielle Motive spielen eine Rolle, etwa den Lebensstandard zu halten oder Urlaube zu finanzieren. Jeder Dritte übt einen Job aufgrund gravierender Nöte aus.
Etwa die Hälfte der arbeitenden Rentner ist selbständig tätig. Weit verbreitet sind Teilzeit und Minijobs, 70 Prozent der abhängig Erwerbstätigen sind geringfügig beschäftigt. Ungünstige Arbeitszeiten werden dabei möglichst vermieden, es besteht hohes Interesse, die Arbeit mit der Freizeit zu vereinbaren. Vor allem in kleinen Betrieben erweisen sich die Rentner als treue Arbeitskräfte und waren bereits seit zehn oder mehr Jahren bei dem aktuellen Arbeitgeber angestellt.
Für die Betriebe fungieren Rentner, die sie weiterbeschäftigen, als flexibler Personalpuffer, sie entlasten das tägliche Geschäft und helfen, Auftragsspitzen abzuarbeiten. Auch Wissenserhalt und Kundenbindung spielen eine Rolle, denn die Gesichter bleiben bekannt, auch wenn die Position sich ändert. Häufig werden Nachfolger eingearbeitet – ein kostengünstiges Modell der Jobübergabe. Auch bei der Neurekrutierung setzen Betriebe auf „Soft Skills“ und anschlussfähige Fachkenntnisse von Rentnern, gefragt sind ihre Zuverlässigkeit, Sorgfalt und Disziplin.
„Nachwuchslücken lassen sich allerdings mit der Beschäftigung von Ruheständlern immer nur auf Zeit schließen“, warnen die IAQ-Forscherinnen. Vielen gehe es eher um „Tätigsein“ und kleinen Zuverdienst, ihr Personaleinsatz lässt sich nicht strategisch im Betrieb einplanen. „Die Hoffnung, so dem Fachkräftemangel zu begegnen, wird unerfüllt bleiben. Dafür stimmen weder die Erwartungen, die Rentner an ihre weitere Erwerbstätigkeit stellen, noch das Arbeitsplatzangebot der Betriebe!“
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Quelle: IAQ, 22. Mai 2017