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Migranten gründen Unternehmen: Neue Chancen für die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen?

Die "migrantische Ökonomie" könnte bei der Eingliederung von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt wertvolle Hilfestellung leisten. Dies ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Veröffentlichung des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Westfälische Hochschule).

Neben den üblichen Integrationswegen über Bildungssystem und Sozialverwaltung eröffnen sich hier privatwirtschaftliche Möglichkeiten – oft gestützt auf regionale Akteursnetzwerke und informelle Hilfestrukturen. „Die „Flüchtlingskrise“ ist nicht nur Herausforderung, sondern eröffnet durchaus neue Perspektiven für die Wirtschaft und den deutschen Arbeitsmarkt“, stellt die IAT-Forscherin Dr. Alexandra David fest.

Seit Jahrzehnten bereichern italienische Eiscafés, spanische Restaurants, türkische Dönerbuden, arabische Schneidereien die Straßen Deutschlands. Wie einschlägige Studien und Publikationen zeigen, ist heute jeder fünfte Unternehmer in Deutschland Einwanderer (d.h. ohne deutsche Staatsbürgerschaft oder nicht in Deutschland geboren). Viele Zuwanderer sind „gründungsfreudiger“ und mit einem Durchschnittsalter von 36 Jahren 1,5 Jahre jünger als deutsche Firmengründer. Unter den "Gastarbeitern" wagen türkische Einwanderer in Deutschland öfter (70%) den Schritt in eine Selbständigkeit als jede andere Migrantengruppe. Gemeinsam mit den „EU-Migranten“ erzielen sie aus Selbstständigkeit deutlich höhere Einkommen als die hochqualifizierten „Drittstaaten-Migranten". Während die „Gastarbeiter“ und „Spätaussiedler“ ihre Unternehmen vorwiegend in traditionellen Sektoren gründen, gehen die „neueren“ Zuwanderer – darunter auch Postmigranten, sprich „Gastarbeiterkinder“ in der zweiten und dritten Generation – gerne in den Dienstleistungssektor. „Insofern trägt das migrantische Unternehmertum erheblich zum Strukturwandel der Wirtschaft bei“, folgert Dr. David.
 

Häufig gründen Migrantenunternehmer in Gruppen – ein Hinweis auf etablierte Netzwerkaktivitäten: oft geschieht dies in informellen Familienstrukturen oder Herkunftsgemeinschaften. Aus den Erfahrungen der bereits etablierten Migrantengruppen lässt sich lernen. Regionale Akteursnetzwerke können bei der Gründung und Etablierung von Migrantenunternehmen helfen. In der Praxis bedeutet das Kundenkontakte, Hilfestellungen bei Behördengängen, Beschaffung von Gründungskapital etc. Nicht zuletzt können sie am Anfang auch als Arbeitgeber für potentielle Neuankömmlinge agieren, ihnen ihre Kenntnisse des Ankunftslandes und  einen Überblick z.B. über die Marktanforderungen, Arbeitsmarktregulierungen, Zugangsbarrieren, Bürokratie und Geschäftsmodelle vermitteln.

„Hier bieten sich Ansatzpunkte auch für das regionale Zusammenspiel tradierter Akteure der Arbeitsmarktintegration, der Wohlfahrtspflege, migrantischer Unternehmen und informeller Unterstützungsstrukturen, um die Chancen für eine schnellere und nachhaltige Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen zu verbessern“, rät Dr. Alexandra David.

Publikation zum Thema

David, Alexandra
2017: Migrantisches Unternehmertum: eine Chance der Arbeitsmarktintegration für geflüchtete Menschen? Internet-Dokument. Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik. Forschung Aktuell, Nr. 02/2017 PDF

Für weitere Fragen steht Ihnen zur Verfügung:

Alexandra David

Quelle: IAT, 9. Februar 2017